Letzte Woche habe ich mich über das Versagen der öffentlichen Verwaltung in Zeiten der Corona-Krise ausgelassen und viel Zustimmung bekommen. Viele Menschen an vielen Orten in der Republik machen offensichtlich ganz ähnliche Erfahrungen. Und natürlich taucht die Frage auf: Wie könnte man es besser machen? Und meine These lautet(e): Den neuen Herausforderungen kann die Verwaltung nur gerecht werden, wenn sie ihre alten, traditionellen Arbeitsweisen und -strukturen über Bord schmeisst und zu agilen Arbeits- und Organisationsformen kommt.
Aber geht das mit Verwaltung? In Deutschland? Und wie würde agiles Verwaltungshandeln aussehen?
Darüber habe ich mich mit Thomas Michl vom Forum Agile Verwaltung unterhalten. Seine Sichtweisen und Vorschläge sind spannend – ich bin gespannt, was Ihr dazu sagt und freu mich auf Eure Kommentare!

Thomas Michl
Zur Person: Dipl.-Verwaltungswissenschaftler und MBA. Berufliche Stationen unter anderem in der Energiewirtschaft, Strategieberatung und im öffentlichen Dienst. Über 9 Jahre in einer Kommunalverwaltung im Bereich Kultur und Bürgerschaftliches Engagement tätig, eher der Wechsel in die Beratung erfolgte. Seit Juni 2018 als Management Consultant mit Schwerpunkt Agilität und Organisation (Agile Coach, Scrum Master) tätig. Schreibt über Organisation auf Toms Gedankenblog.Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstandes des Forums Agile Verwaltung e. V.
Mampel: Du engagierst Dich im „Forum Agile Verwaltung“. Wer genau steckt dahinter und was will dieses Forum?
Thomas Michl: Das Forum wurde am 11. Februar 2016 in Karlsruhe aus der Taufe gehoben von sechs Verwaltungspraktikern aus der Verwaltung (Kommunale, kantonale und Bundesverwaltung) sowie aus verwaltungsorientierten Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland und der Schweiz gegründet. Zwischenzeitlich hat der Trägerverein knapp 100 Mitglieder und einem Organisationsteam zwischen 10 und 15 Aktiven, die ehrenamtlich das ganze „Portfolio“ aus Blog, zwei Konferenzen, einem Wiki für agiles Verwaltungswissen, regelmäßigen Lean Coffees und vielem mehr organisieren.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Verwaltung für die Kultur der Agilität zu öffnen – und umgekehrt. Dazu wollen wir ein Netzwerk von Praktikern zur praktischen gegenseitigen Unterstützung werden; also ein Internet-Forum, in das man Fragen hineinrufen kann und Antworten erhält. Und ein Forum im klassischen Sinne, ein Marktplatz der Begegnungen, auf dem man sich auch physisch trifft und Erfahrungen und Standpunkte tauscht. Was uns alle seit damals verbindet, ist die Überzeugung, dass die Verwaltung – wenn es um Stabilität geht, sehr gut aufgestellt ist – aber mit ihren Strukturen sehr schnell versagt, wenn es um komplexe Themen geht. Insbesondere dann, wenn sich die Dinge auch noch sehr schnell ändern. Wir haben es damals bei unserer Gründung live und in Farbe mit der sogenannten Flüchtlingskrise erlebt, die in Wirklichkeit nichts anderes war, wie eine Verwaltungskrise und erleben es jetzt, nach einem Jahr mit COVID19 wieder.
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