Ende letzten Jahres habe ich hier im Blog meinen Rückzug von Facebook angekündigt. Ich habe mein Profil komplett gelöscht und nur noch eine Seite „am Laufen“ gehalten, um darüber Beiträge dieses Blogs teilen zu können. Zwischenzeitlich hat sich meine Sicht auf einige Dinge verändert – und jetzt bin ich wieder mit einem persönlichen Profil zurück bei Facebook. Und das hat Gründe 🙂
Meine Social-Media Aktivitäten beschränkten sich in den letzten drei Monaten auf Twitter. Ich mag Twitter sehr, da dort sehr viele interessante Menschen aus Politik und öffentlichem Leben und aus meinem beruflichen Netzwerk unterwegs sind. Der Informationsgehalt ist meist recht akzeptabel und die Qualität der Kommunikation mit anderen Leuten dort meist angemessen und angenehm. Was mir aber in den letzten Wochen sehr bewusst geworden ist: Die (meine) „Twitter-Blase“ liefert schon eine recht eingeschränkte Sicht auf die Welt. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass eher ein bestimmter „Menschenschlag“ mit seinen speziellen Sichtweisen dort unterwegs ist und dir mir folgen – und denen ich folge. An sich kein Problem – denn ich habe ja auch außerhalb der Sozialen Medien ausreichend Möglichkeit, mich mit anderen Sichtweisen und Haltungen auszutauschen und meine Perspektive zu erweitern. Und natürlich könnte ich mich auch (was ich ansatzweise schon mache) viel offensiver mit Menschen vernetzen, die die Welt ganz anders sehen als ich und die Leuts in meiner Blase. Aber: macht es wirklich Sinn, andere Lebenswirklichkeiten und Haltungen – wie sie z.B. in vielen Facebook-Gruppen und Kommentaren zum Ausdruck kommen – bewusst auszublenden? Ist es nicht sogar ein bisschen arrogant (zumal als Sozialarbeitender) sich diesen Perspektiven zu entziehen und sie bewusst nicht wahrnehmen zu wollen?
Als ich 2018 mit Anke nach Potsdam gezogen bin, bin ich ganz bewusst wieder in die SPD eingetreten. (Ich kann nichts dafür, dass ich von dieser Partei nicht wirklich loskomme – liegt vielleicht auch an meiner Sozialisation bei den Falken und meiner proletarischen Herkunft 😉 ) ….. Mein Hauptmotiv war es seinerzeit, mich politisch gegen den immer gefährlicher werdenden Rechtsextremismus zu engagieren und einen angemessenen Beitrag zur Verteidigung unserer Demokratie und unserer Werte zu leisten. So wie das viele Demokrat*innen auch machen, die sich in der CDU, bei den Grünen, den Linken oder in der FDP engagieren. (Meinen Respekt für all diese politisch engagierten Menschen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, habe ich hier ja auch schon immer mal wieder zum Ausdruck gebracht). Die AFD ist ein Krebsgeschwür in unserer Gesellschaft – und wenn das Wachstum dieses Geschwürs nicht gestoppt wird, werden unsere Demokratie und und unsere freiheitliche Gesellschaft schweren Schaden nehmen.
Allerdings habe ich es bis heute nicht geschafft, mich tatsächlich in meiner Stadt, in meinem Stadtteil, in meinem Ortsverein real politisch zu engagieren. Meine Arbeitszeiten und alles, was ich sonst noch so mache, nimmt mich zeitlich dermaßen in Beschlag, dass an zusätzliche feste regelmäßige Termine und zusätzliche Aufgaben nicht wirklich zu denken ist. Bis auf wenige Teilnahmen an Online-Meetings des Ortvereins hatte ich bislang keinen Kontakt zu anderen Aktiven…. schwer da irgendwie mit dem Engagement zu beginnen……
Was hat das nun alles mit Facebook zu tun?
Weil ich das eben beschriebene nicht ändern kann / will, habe ich für mich beschlossen, mich verstärkt da politisch einzubringen und zu engagieren, wo ich a.) sowieso (fast) am häufigsten bin (am Rechner im Internet) und b.) eine Form zu wählen, die am besten zu meiner jetzigen Lebens- und Arbeitssituation passt. Ich hab mir vorgenommen, mich aktiv an Diskussionen zu beteiligen, für Positionen und Standpunkte (nicht unbedingt vorrangig parteibezogene) zu werben und den Leuten, die anderer Meinung sind, Geschwurbel verbreiten oder einfach nur schlecht / falsch informiert sind, etwas entgegenzusetzen. Bei Facebook gibts dafür ein paar geeignete Vorbilder: Jan Kellermann, Bernhard Lücke und einige andere Politiker aus dem Bezirk, in dem ich arbeite, fallen immer wieder durch beharrliche Sachlichkeit, freundliche Deutlichkeit und überzeugende Sachargumentation auf. Und schon so einige Diskussionsverläufe haben sich dort nach ihren Beiträgen deutlich verändert. Dahinter steckt die Annahme (und Hoffnung), dass sich Menschen doch noch für Sachargumente öffnen können, dass Umdenken auch bei Leuten mit „schrägen“ Meinungen möglich ist. Wir dürfen Menschen, die mit ihren Fragen und Nöten nach „einfachen“ Antworten suchen, nicht kampflos den Rechtsextremisten überlassen. Was AFD – Anhänger da in Facebook-Gruppen und Diskussionen teilweise an Öl ins Feuer giessen ist unanständig und darf nicht einfach so hingenommen und unkommentiert stehen gelassen werden. Da will ich jetzt (m)einen Beitrag leisten. Mehr geht im Moment nicht. Aber wenn jede/r Demokrat*in auch nur einen Wähler davon abbringen kann, bei der nächsten Wahl Blaubraun zu wählen, wären wir schon einen riesengroßen Schritt weiter! Das wird wahrscheinlich zwischendurch auch ein bisschen anstrengend und stellenweise eklig – aber das ist wahrscheinlich jammern auf hohem Niveau, denn an anderen Orten auf dieser Welt ist der Kampf für Demokratie und Freiheit mit erheblich heftigeren Unannehmlichkeiten, Gefahren und Risiken verbunden.
Nun also Rolle rückwärts und Neustart bei Facebook…neue Lust, neues Facebook-Profil, ein neuer Anlauf – und den Blick (optimistisch) und verwegen vorne gerichtet!
Und ganz nebenbei: Ich freu mich grad riesig, dass ich wieder was von meinen „alten“ Facebook-Freunden mitkriege (ich such mir grad ein neues Netzwerk zusammen ;-)) …. Da haben mir einige wirklich ein bisschen gefehlt.