nachdenken über „Eigenmittel“

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Als diese Woche zwei Zuwendungsbescheide des Landes Berlins für zwei Projekte bei uns eingingen, stiess es mir mal wieder auf. Und wenn ich anfange darüber nachzudenken, muss ich aufpassen, dass ich nicht zum Rumpelstilzchen werde. Es geht um Eigenmittel, die frei-gemeinnützige Träger aufbringen müssen, wenn sie Aufgaben für die Allgemeinheit erbringen. Warum eigentlich?

Wir nehmen es in der Regel schon widerstandslos hin und selten höre ich, dass das Thema in der öffentlichen Diskussion thematisiert wird: Wenn frei-gemeinnützige Träger Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit übernehmen – egal ob in der Kinder- und Jugendarbeit, beim Betrieb von Kitas, in der Familien- und Stadtteilarbeit – wird von ihnen verlangt, dass sie „Eigenmittel“ einsetzen und sich mit diesen an der Gesamtfinanzierung des Projektes beteiligen. Begründet wird dies wohl mit „Subsidiaritätsprinzip“, wonach zunächst eigene Ressourcen einzusetzen sind, bevor staatliche Unterstützung geleistet wird. Im Kern finde ich das allerdings abwegig.

Stellt Euch dieses Modell mal auf andere Branchen und Wirtschaftszweige bezogen vor: bei einer Ausschreibung für den Bau einer Schnellstraße wird von der Baufirma erwartet, dass sie 20% der Baukosten selbst trägt.

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gleiches Geld für gleiche Arbeit?

wpid-img_20140119_113526.jpgDie Tarifverhandlungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes waren aus Sicht von verdi sehr erfolgreich. Vor allem Erzieher*innen profitieren von z.T. erheblichen Gehaltssteigerungen. Ein wichtiger Aspekt dabei: die Berliner Angestellten im Öffentlichen Dienst werden demnächst nicht mehr nach dem TVL Berlin bezahlt, sondern nach dem (besseren) TVDÖ.  

Die Kostensätze zur Finanzierung der freien Träger orientierten sich bislang an Durchschnittssätzen nach TVL (wir bekommen also keine Realkostenfinanzierung unserer Mitarbeitenden sondern lediglich einen fiktiven Durchschnittssatz) – somit waren sie bislang ohnehin schon schlechter gestellt als vergleichbare Angestellte in staatlichen Betrieben.

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Mitarbeiter*innen freier Träger verdienen Tarifanpassung!

Leider ist es immer noch nicht selbstverständlich, dass die Beschäftigten bei freien Trägern – z.B. in der Kinder- und Jugendarbeit – das Gleiche verdienen, wie die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Die Zuwendungen, die das Land Berlin den freien Trägern gewährt, ist in den meisten Fällen nicht ausreichend , um diese Gleichstellung zu vollziehen. Dies zeigt sich gerade jetzt , wo es um die Frage geht, inwieweit unsere MitarbeiterInnen auch von Gehaltssteigerungen profitieren können, wie sie jetzt für den öffentlichen Dienst verhandelt wurden. Der Verband für sozial-kulturelle Arbeit (VskA) ruft unter der Überschrift „Gute Arbeit auch im Zuwendungsbereich sichern – Beschäftigte von freien Trägern nicht von Tarifsteigerungen abkoppeln! zur Unterstützung und Beteiligung an einer Onlinepetition an das Berliner Abgeordnetenhaus auf.

Die Geschäftsführerin des  VskA – selbst SPD-Abgeordnete im Berliner Landesparlament – schreibt heute an die Mitgliedsorganisationen. Der Wortlaut wird hier dokumentiert – in der Hoffnung, dass Ihr diesen Aufruf unterstützt und massenhaft teilt / re-tweetet und / oder weitergebt…..

„Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte leitet diese Mal an andere freie Träger und Netzwerke weiter. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter kann innerhalb von 5 Minuten hier ihre/seine Forderungen stellen: https://www.parlament-berlin.de/pari/web/styles_ssl.nsf/onlpetform?OpenAgent&zieldb=pari\web\onlpet.nsf

Der Text der Petition kann selbstverständlich individuell abgeändert, ergänzt und angepasst werden. Um den Aufwand für die Einzelne und den Einzelnen überschaubar zu halten, erhaltet Ihr einen Mustertext in der Anlage, auf den sich heute die Geschäftsführerrunde der Berliner Mitgliedsorganisationen des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit verständigt hat. Mit bestem Gruß Birgit Monteiro, Geschäftsführerin“

Anhang > Mustertext: 11.06.13_Tarifentwicklung

Herzliche Grüße und vielen Dank für Eure Unterstützung

Realität meets ver.di

Der Ver.di  Sekretär Stefan Thyroke hat sich selbst zum Fachmann für die Finanzierung der sozialen Arbeit freier Träger ernannt und wird als solcher in der Berliner Morgenpost vom 30.12.2010 zitiert. (Der vollständige Mopo-Artikel ist auf socialNC dokumentiert…..) Thyroke hat herausgefunden, dass man die Leistungen an frei-gemeinnützige Träger ohne Probleme um 5% kürzen könnte (das Land Berlin würde dann rund 100 Millionen Euro sparen), ohne dass die Qualität der Arbeit darunter leiden würde.  Die Träger, so der Funktionär, würden zum Teil zwei-stellige Renditen einfahren, während die Beschäftigten unter unzumutbaren Bedingungen (schlechte Bezahlung, Kettenarbeitsveträge etc.) malochen müssten. Gleichzeitig würden Geschäftsführer-Gehälter  seit Jahren exorbitant steigen.

Ver.di-Funktionär Thyroke sieht laut Berliner Morgenpost  den Senat in der Pflicht. „Die Ämter sollten strenger kontrollieren und einen Tarifvertrag mit einer DGB-Gewerkschaft als Qualitätssiegel einfordern, wenn diese weiter für das Land tätig sein wollten.“

Ich selbst bin Geschäftsführer eines mittelkleinen freien Trägers. Der Verein Stadtteilzentrum Steglitz e.V. betreibt zwei Kitas, ist Träger von Schulhorten und Schulstationen und verantwortet die Arbeit von Jugend- und Nachbarschaftszentren. Unsere Mitarbeiter werden mittelprächtig bezahlt (wir befinden uns in etwas im Mittelfeld der Berliner Bandbreite),  der Geschäftsführer bekommt ein Gehalt, das deutlich unter dem berlinweiten Durchschnitt bei sozialen Trägern (der beträgt derzeit laut DPW ca. 56.000.- brutto per Anno) liegt und fährt keinen Dienstwagen. Wir erwirtschaften keine Gewinne und machen (i.d.R.)  auch keine größeren Verluste. Wir kommen am Ende der Tage mit einer „schwarzen Null“ raus. Damit will ich sagen: Wir kommen mit dem Geld aus. Wir können keine großen Sprünge machen, wir können unseren Mitarbeitern auch nicht ansatzweise eine „1 zu 1“ Umsetzung der tarifvertraglichen Regelungen für den öffentlichen Dienst anbieten. Wir können keine Rücklagen bilden (was selbst aus Senatssicht schlau wäre) – aber: Wir kommen hin. Und wir wundern uns. Ich wundere mich. Vor allem über die Realitätsferne des oben zitierten Gewerkschaftsfunktionärs.

Ein Blick in Richtung Kita-Eigenbetriebe kann vielleicht auch bei Gewerkschaftsmenschen zur Realitäts-Erkenntnis führen: Die Kita-Eigenbetriebe sind Staatsunternehmen, die (das war lange Zeit ausdrücklicher Wunsch der kommunalen Kitas) die gleiche finanzielle Ausstattung erhalten wie die Einrichtungen freier Träger. Die vom Land Berlin zu erstattenden Kosten pro Kind werden in (für alle Träger) einheitlichen und verbindlichen Kostenblättern geregelt.

Es ist eine absurde Situation, dass die Berliner Eigenbetriebe im Jahr 2010 ein Defizit von rund 7,8 Millionen Euro erwirtschaften (wie gesagt – bei gleicher Finanzierungslage wie die freien Träger)  und der Steuerzahler in den  Jahren 2010 – 2012  p.A. rund 4,6 Millionen in die Staatsunternehmen zusätzlich „einschiessen“ muss, damit die Betriebe nicht zahlungsunfähig werden – den freien Trägern aber das Geld gekürzt werden soll.

Begründet wird das hohe Defizit übrigens mit der Tariflage und den immensen Vergütungs- und Altersversorgungsansprüchen der Beschäftigten in den Eigenbetrieben. Interessant, dass Ver.di fordert, dass genau diese Tariflogik auch bei allen freien Trägern verbindlich eingefordert werden soll. Ich wäre im Interesse meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch dafür – allerdings unter einer Voraussetzung: Ich will dann auch alle Verluste vom Land Berlin erstattet bekommen. Ich möchte auch die Garantie bekommen, dass ich trotz unwirtschaftlicher Führung des Betriebes nicht zur Insolvenz gezwungen werde. Und ich möchte dann trotz Verlusten in Millionenhöhe auch soviel verdienen wie ein Geschäftsführer eines Kita-Eigenbetriebes in Berlin…..