arbeiten im Corona-Modus, 7. Woche: dauerhaft systemrelevant

Systemrelevant …. was für ein denkwürdiger Begriff. Vor Corona hätten die meisten Menschen, damit die Schlüsselindustrien, die Bundeswehr, den Staatsschutz, vielleicht die Banken und bestenfalls noch die Sicherheitsexperten in Atomkraftwerken in Verbindung gebracht. Corona hat den Blickwinkel verändert. Wir merken: Systemrelevant, sind die Berufsgruppen und Branchen, die die Grundversorgung sicherstellen und damit unser Land am Laufen halten. Das muss sich ins Gehirn der Menschen einbrennen – für die Zeit nach Corona.

Am 1. Mai waren meine Timelines bei Facebook und Twitter voll von Fotos und Posts von Gewerkschafter*innen und linken Politiker*innen, die sich für die Rechte von Arbeitnehmer*innen und eine bessere Bezahlung stark machten. Immer wieder dabei: die Forderung nach einem einheitlichen Mindestlohn von mindestens € 12.- pro Stunde. Eine – wie ich finde – berechtigte Forderung…. und ich freue mich sehr, dass in Berlin der gesetzliche Mindestlohn bereits auf € 12,50 festgelegt wurde. Ich verstehe eigentlich auch gar nicht, wie man dagegen sein kann. Es ist doch plausibel und grundsätzlich richtig, wenn Menschen, die den ganzen Tag arbeiten gehen, davon auch leben können. Und wer sein Leben lang arbeitet, der darf am Ende seines Lebens nicht in die Altersarmut fallen. Wenn wir alte Menschen losschicken, Pfandflaschen zu sammeln, damit sie sich was zu essen leisten können, dann stimmt was grundsätzliches nicht in unserem Land. Dann stimmt irgendwas grundsätzliches mit uns nicht. Ein Mindestlohn ist ein wichtiger Baustein zu sozialer Gerechtigkeit und gegen Altersarmut. Und darüber hinaus ein Zeichen von Wertschätzung für geleistete Arbeit.

Eine von mir wegen ihres herausragenden Engagements in ihrem Wahlkreis sehr geschätzte Politikerin hat die Forderung nach einem Mindestlohn vor ein  paar Tagen deutlich abgelehnt mit dem Hinweis auf sich verändernde Arbeitswelten, die durch Corona noch mal einen deutlichen Schub bekommen. Ihre These: HomeOffice und Digitalisierung verändern die  Wirtschaft und die Arbeit gerade enorm und sie kritisiert, dass die SPD dies offenbar nicht angemessen zur Kenntnis nimmt und stattdessen nur „stereotyp“ nach einem Mindestlohn ruft. Ich habe ihr auf Facebook entgegnet: die, die vom Mindestlohn profitieren, sind i.d.R. nicht die, die über HomeOffice oder Schreibtischsharing oder Digitalisierung nachdenken. Das sind i.d.R. eher systemrelevante Arbeitnehmende in schlecht bezahlten Berufen: Reinigungskräfte, Verkäufer*innen, Pflegekräfte u.v.m. ….. da reicht klatschen auf dem Balkon häufig nicht – da müssen steigende Mieten und Lebenshaltungskosten durch steigende Einkommen kompensiert werden…

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